Sony World Photography Awards 2011

Die Überraschung war perfekt: Am 31.1.2011 bekam ich eine Email, die so begann:
Dear Bernd,
I would like to personally congratulate you on making it to a very select short list of photographers.
Your work “Fighting the martial arts” has been selected for the short list in the Sport category on the professional side.
Today, you will be announced to the international press along with other shortlisted photographers and the top three finalists of each category.
Out of 53,223 images entered from 162 countries, your work has stood out above the rest and has been rated amongst the top shortlisted photographers in your category, by the professional Honorary Judging Committee of this year’s Awards.


Anfang Januar hatte ich noch bis kurz vor Einsendeschluß Fotos zusammengestellt – frei nach dem Motto: Der Versuch schadet nichts, hilft aber auch nicht.
Die Realität ist aber doch anders. Gefreut habe ich mich sehr über die Auszeichnung. Und ich bin froh, daß gerade in der Kategorie “Sport” meine Fotos Gefallen gefunden haben.
Seit Jahren begleite ich Kampfsportler bei Wettkämpfen und auch beim Training. Sie zu fotografieren ist nicht einfach, weil sie schnell und in gewisser Hinsicht unberechenbar sind. Aber auch ein Fotograf kann trainieren. Man muß mitkämpfen, mitdenken, die Bewegungen antizipieren, so gut es geht. Das kann man üben.

Ich fotografiere mit einer Canon EOS 1D Mark III. Alle Aufnahmen wurden im Raw-Format aufgenommen. Journalisten, die sehr aktuell sein müssen, bevorzugen jpg. Da ich etwas mehr Zeit habe, leiste ich mir den Luxus des besseren Ausgangsmaterials.

Armhebel

Ich lasse die Kamera keinerlei Veränderungen an den Daten vornehmen. Die Raw-Datei wird mit DxO entwickelt, einem sehr leistungsfähigem Programm. Es bietet außerdem die Möglichkeit, analoge Filmprofile (Dia, Farbnegativ, Schwarzweiß) auf das Foto anzuwenden und zusätzlich den Grad der Filmkörnung zu bestimmen. Die Entwicklung erfolgt als erstes im jpg-Format. Dann kann ich schnell sehen, wie das Foto geworden ist.
Für die Weiterbearbeitung des Fotos konvertiere ich in Tif.

Vor dem Kampf

Die weitere Ausarbeitung und Optimierung mache ich mit Photoshop. Dabei arbeite ich eigentlich auch nicht anders als in einer Dunkelkammer (obwohl ich selbst nie eine besessen habe). Ich helle dunkle Stellen auf, mindere zu lichte Anteile, verstärke Konturen und gebe dadurch dem Foto einen Charakter.

Schlag und Gegenschlag

Aber vielleicht sollte ich erst einmal etwas über die Motive sagen. An einem Wettkampfabend mit zehn bis fünfzehn Kämpfen kommen leicht über 1000 Fotos zustande. Wenn man am Ring arbeitet, darf man sich verbiegen und verdrehen, um zwischen den Ringseilen hindurch zu fotografieren. Das ist nicht bequem, aber unvermeidlich.
Da ich Wert auf Schärfe lege, nutze ich einen Canon-Systemblitz. Die Lichtverhältnisse sind sowieso meist nicht berauschend, also erweitert mir der Blitz die Möglichkeiten enorm.
Natürlich könnte ich auch die ISO-Zahl erhöhen, um mit dem geringen Licht besser auszukommen. Das aber mindert deutlich die Detailschärfe.

Armhebel 2

Viele meinen, daß der Blitz die Stimmung einer Szene zerstört. Doch die Canon-Blitztechnik ist sehr gefühlvoll. Das Licht des Blitzes wird weich und sanft in das bestehende Umgebungslicht eingebettet. Wie das geht, habe ich von Jürgen Denter gelernt, dem ehemaligen Leiter der Canon-Akademie. Wenn ich Stimmung will, blitze ich.

Kopfwürge

Wenn ich nach der Veranstaltung am Rechner die Fotos sichte, sortiere ich unerbittlich aus, was mißlungen ist. Dazu zählen besonders die unscharfen Fotos. Die braucht kein Mensch mehr, da auch ein Super-Bildbearbeitungsprogramm nicht vorhandene Details nicht wieder herbeizaubern kann.
Ein Foto kann dann gut sein, wenn ich weiß, wofür es gebraucht wird. “Gute” Fotos an sich gibt es nicht. Ein Journalist, der über eine Veranstaltung berichtet, wird andere Motive auswählen als einer, der an einem Wettbewerb teilnimmt oder künstlerische Ambitionen hat.
Es kommt also immer darauf an, was mit dem Foto geschehen soll.

Wenn ich für Auftraggeber arbeite, kläre ich vorher sehr genau, was sie von mir erwarten und was sie mit den Fotos vorhaben. Fotos für das Internet kommen mit einer geringen Auflösung aus, solche, die gedruckt werden, brauchen die größtmögliche Auflösung. Es hilft mir, wenn ich solche Dinge schon vorher weiß.
Ist ein Auftrag abgeschlossen, schaue ich mir die Fotos noch einmal nur für mich selbst an. Welche Fotos gefallen mir besonders? Wo sehe ich Optimierungsmöglichkeiten? Gibt es Motive, die sich für eine Schwarzweiß-Konvertierung anbieten? Möchte ich ein bestimmtes analoges Filmprofil darüberlegen, um eine bestimmte Aussage zu verdeutlichen, zu verstärken oder erst sichtbar zu machen?

Böser Tritt

Die persönliche Fotoauswahl wird dann neu mit DxO entwickelt. Dabei gehe ich sehr individuell vor. Jedes Foto wird sorgfältig eingestellt, so daß die vorhandenen Bildinformationen maximal genutzt werden. Die Ausgabe erfolgt als Tif-Datei im 16-Bit-Modus. Dadurch habe ich die maximale Farbtiefe, also die meisten Farbdifferenzierungen, die möglich sind. Das macht sich immer dann bemerkbar, wenn man die Fotos danach bearbeitet. Besonders die weichen Farbübergänge (z.B. im Himmel) bleiben so ohne Farbabrisse.
Der Vorgang der Fotooptimierung ist komplett subjektiv. Ich schaue, was mir gefällt. Ich entscheide über Farbstimmung, Lichter und Schatten. Auf manchen dieser Fotos sieht man Menschen am Rande des Rings. Sie waren mir wichtig, also wurden sie herausgearbeitet. Anderes beließ ich im Dunklen oder schattete es sogar noch ab.
Am Ende entsteht im günstigsten Fall ein Foto, mit dem ich erst einmal zufrieden bin.
Ein Jahr später weiß ich meistens, was ich besser hätte machen können.

Mehr zu den Sony World Photography Awards 2011 .

Alle Fotogalerien

Meine Fotos finden sich hier

Alle Finalisten und Shortlisted members wurden veröffentlicht auf dem Awards-Blog

Pressemitteilung in eigener Sache zum Wettbewerb

Sieg der Emotion

Der Gothaer Fotograf Dr. Bernd Seydel wird bei den Sony World Photography Awards 2011 ausgezeichnet

Als einziger Deutscher schaffte es der Gothaer Fotojournalist Dr. Bernd Seydel auf die Auswahlliste der Sony World Photography Awards 2011 in der Kategorie „Sport“ bei den Profis. Neben den drei nominierten Finalisten werden in dieser sogenannten Shortlist maximal sieben herausragende Fotoserien geehrt.

Seydel hatte sich mit sieben Schwarzweiss-Fotos beworben, die dramatische Szenen eines Kampfsportturniers zeigen. Bei der ready-2-fight-Veranstaltung beim Erfurter Contact Sports Club im September 2010 trafen Sportler aus verschiedenen Kampfsportarten aufeinander. Der Erfurter Andre Staffen als Kickboxer war ebenso zu sehen wie Sportler aus China, die sich einem Ländervergleich mit Deutschland stellten.

Der Sony World Photography Award 2011 ist einer der größten und renommiertesten Fotowettbewerbe der Welt. Von den Profis waren 53223 Fotos aus 162 Ländern eingereicht worden. Über seine Aufnahme in die Shortlist ist Seydel einfach nur glücklich. „Ich habe nicht wirklich mit solch einem Ergebnis gerechnet“, meint er. „Dass diese Fotos entstehen konnten, ist das Zusammenspiel vieler Faktoren. Der engagierte Veranstalter Christian Schwäblein vom CSC Erfurt hatte herausragende Sportler in den Ring geschickt. Sie kämpften hart, wollten einen Sieg, eine Entscheidung. Das mobilisiert Emotionen, die für Sekundenbruchteile sichtbar werden. Genau das ist meine Chance als Fotograf.“

Seydel arbeitet seit Jahren als Freier Journalist und Kommunikationstrainer. Zu seinen Kunden zählen regionale Veranstalter genauso wie große Industrieunternehmen. Meistens arbeitet er in Deutschland, seit 2005 regelmäßig auch in arabischen Ländern.

Pressereaktionen

Thüringer Allgemeine / Thüringer Landeszeitung im Internet vom 5. Februar 2011